Solidarität mit dem Antimilitaristen, der die Abnahme einer DNA Probe verweigert!

Solidarität mit denen, die nicht mit den polizeilichen Schnüffler_innen kooperieren!
Solidarität mit denen, die kein brauchbarer Datensatz für die BKA-Datenbank sein wollen!
Solidarität mit denen, die eine immer weiter reichende Beschneidung unserer Selbstbestimmung nicht widerstandslos hinnehmen!
Solidarität mit denen, die sich verweigern!
Solidarität mit denen, die Widerstand gegen diese Verhältnisse leisten!

von: solidarische Mitbeschuldigte und Verdächtigte und Mitstreiter_innen

Solidarischer Schriftzug in Hamburg

Solidarischer Schriftzug, gesehen in Hamburg

Wir sind sechs Beschuldigte/Verdächtigte in zwei unterschiedlichen Strafverfahren. Am 19. August 2012 wurden auf dem Gelände des Gefechtsübungszentrum (GÜZ) der Bundeswehr in der Altmark mit Farbe gefüllte Feuerlöscher gefunden. Dabei entkamen einige Personen unerkannt. Daraufhin wurde gegen den Nutzer eines Fahrzeuges, das in der Umgebung geparkt war, ein Ermittlungsverfahren wegen versuchter „Sabotage an Wehrmitteln“ (§109e StGB) eingeleitet.

Zum Anderen wurden am 14. September 2012 in Magdeburg während des antimilitaristischen Camps gegen das GÜZ fünf Menschen von einem Mobilen-Einsatz-Kommando des LKA Sachsen-Anhalt mit vorgehaltenen Waffen aus einem Fahrzeug gezogen und in Gewahrsam genommen. In diesem Fall ist der Vorwurf eine Sachbeschädigung mit einem bezifferten Sachschaden von 1000,- Euro. Dabei soll die Fassade des Bauplanungsbüros der Firma ICL rosa gefärbt worden sein. Die Firma ICL leitet die Bauplanung für die Aufstandsbekämpfungsstadt „Schnöggersburg“ auf dem GÜZ. Eine Stadt, in der die Bundeswehr und andere Armeen urbane Aufstandsbekämpfung auf einem Flughafen, in U-Bahn-Stationen, in Wohnvierteln, in einem Elendsviertel und in einer Innenstadt mit Einkaufszentren trainieren sollen. Die Bauarbeiten für diese umstrittene 100-Mio-Euro-Geisterstadt haben im Herbst 2012 begonnen. Bis 2017 sollen mehr als 500 Gebäude fertig gestellt sein.

Da in beiden Verfahren vermeintlich ein Auto des selben Nutzers involviert war, sind nun alle sechs in beiden Verfahren teils verdächtigt, teils beschuldigt, sowohl der Sachbeschädigung als auch der versuchten „Sabotage an Wehrmitteln“. Zusätzlich will das LKA „zur Aufklärung der Straftaten“ jetzt die DNA von dem Fahrzeugnutzer und hat ihn zum 21.01.2014 zu einer Abgabe einer DNA Probe vorgeladen. Bei den fünf weiteren Leuten hatte das Amtsgericht Stendal die DNA-Entnahme als ungerechtfertigt zurückgewiesen. So weit zur absurden Vorgeschichte.

Die Analyse der DNA ist mittlerweile zur Standardmethode geworden, um die Herkunft von Spurenmaterial von bestimmten bekannten Personen (Verdächtigen, Opfern, unbeteiligten Dritten) oder die Übereinstimmung mit anderem Spurenmaterial unbekannter Personen feststellen zu können. Die Annahme ist weit verbreitet, es ginge dabei vorrangig um die Aufklärung von Mord und Vergewaltigung. Tatsächlich speichert das Bundeskriminalamt (BKA) hier aber Datensätze auf Vorrat und zwar aus immer geringfügigeren Anlässen und in immer größerer Zahl. Knapp eine Million Personen sind bereits erfasst. Einen großen Teil machen mittlerweile Verdächtige von minderschweren Straftaten wie Diebstahl, Sprayen, sonstige Sachbeschädigung aus.
Immer mehr mittels DNA-Analyse gewonnene Daten werden also nicht nur in einem bestimmten Strafverfahren verwendet, sondern auch für andere Strafverfahren zugänglich gemacht. Denn mittlerweile dürfen die DNA-Daten von Personen gespeichert werden, denen minderschwere Straftaten vorgeworfen werden, wenn es sich um Wiederholungstaten handelt und für die Zukunft weitere Straftaten prognostiziert werden.

In Deutschland gibt es seit 1998 eine zentrale DNA-Analyse-Datei, die beim BKA angesiedelt ist. Werden DNA-Daten im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens erfasst, können sie mit dieser Datei abgeglichen werden. Gefüllt wird die Datei zum Einen direkt über das BKA und dessen Ermittlungsverfahren, zum Anderen stellen aber auch die Landeskriminalämter im Rahmen ihrer Ermittlungen DNA-Profile von Spuren oder Personen in die BKA-Datei ein. Derzeit werden die DNA-Datenbanken der europäischen Polizeien miteinander vernetzt. Das bedeutet einen qualitativen Sprung in der Entgrenzung polizeilicher Zugriffsmöglichkeiten.

Seit Jahren wird uns der elektronische Personalausweis als der sicherste der Welt verkauft. Mit der damit legitimierten erkennungsdienstlichen Behandlung (Speicherung von Fingerabdrücken und biometrischen Gesichtsdaten) der gesamten Bevölkerung wurde unsere informationelle Selbstbestimmung massiv beschnitten und unsere Identität fernauslesbar gemacht. Um den Ausweis noch „sicherer“ zu machen, sollen zukünftig weitere Merkmale erhoben und gespeichert werden – langfristig auch DNA-Daten! Die Zukunft (nicht nur gemäß der Vorstellungen des BKA) sieht die molekulargenetische Registrierung der gesamten Bevölkerung vor.
Der Versuch, Ansammlungen von Personengruppen zur vorsorglich vollständigen Datenerhebung zu nutzen, begegnet uns immer öfter. Die Rundumüberwachung des antimilitaristischen WarStartsHere-Camp und die präventive Festnahme inklusive erkennungsdienstlicher Methoden von über 1000 Demonstrant_innen bei Blockupy Frankfurt sind nur zwei Beispiele.

Auch die Funkzellenabfrage mit über 1 Mio erfassten Verbindungsdaten bei antifaschistischen Protesten in Dresden im Februar 2011 stellte sich „nur“ als eine von mehreren hundert Fällen bundesweit heraus. Die im letzten Jahr bestätigte Totalerfassung aller Kommunikations- und Internetdaten liefert zudem ein vollständiges, individuelles Abbild unseres sozialen Umfelds, unserer Interessen und Aufenthaltsorte.

Wie viele Probleme das Projekt einer allgegenwärtigen Kontrolle (basierend auf einer Vernetzung von Handy- und Internetüberwachung, biometrischer Kamera- und Drohnenüberwachung gekoppelt mit genetischer Identifizierung) bekommt, hängt maßgeblich von uns ab.
Für eine effektive widerständige Strategie greift die alleinige Kritik an einer DNA-Datenbank, einer spezifischen Überwachungstechnik oder auch einer einzelnen Agentur des „inneren“ Sicherheitsapparates wie dem BKA, dem Staats- oder Verfassungsschutz nicht. Die mit dem staatlichen Gewaltmonopol aufrecht erhaltene Ordnung muss deshalb in die Kritik miteinbezogen werden. Wer seine Souveränität selbstbestimmt in Anspruch nehmen will, statt die Rechtsunterworfenheit unter die staatliche Ordnung hinzunehmen, macht sich folgerichtig zum Staatsfeind.

Unsere Antwort auf eine immer massivere Beschneidung unserer Selbstbestimmung sollte die einer umfassenden Verweigerung dieser Ordnung sein.

Wir rufen Euch zu vielfältigem, solidarischem Widerstand gegen diese Ordnung im Allgemeinen und gegen die staatliche DNA-Sammelwut im Speziellen auf.
Wir rufen dazu auf, den Ermittler_innen in die Suppe zu spucken und im Zusammenhang mit der angeordneten Zwangs-DNA-Entnahme – zu der unser Genosse nicht erscheinen wird – solidarisch gegen Repressionsbehörden und übergriffige Schnüffeleien aktiv zu werden

Betroffen sind einige – gemeint sind wir alle!
Feuer und Flamme der Repression!
Keine Zukunft einer Gesellschaft der Kontrolle und Überwachung!

solidarische Mitbeschuldigte und Verdächtigte und Mitstreiter_innen

 

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